Donnerstag, 14. Oktober 2010

08.10. – 12.10.2010 Urlaub im Urlaub - Peking

Hallo, herzliche Grüße von den vier lustigen Peking-Reisenden an die Blog-Besucher. Wir hatten einen sehr schönen und interessanten Aufenthalt in der Hauptstadt Peking, der uns zeigte, daß Peking der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, verglichen mit Shanghai, noch ziemlich hinterherhinkt. Während Shanghai sehr westlich geprägt ist, spürt man in Peking noch das alte China, der kommunistische Machtapparat ist rund um den Platz des Himmlischen Friedens allgegenwärtig. Der Smog ist noch stärker und belastender, was ich in Form eines Reizhustens sehr stark zu spüren bekam. Das Verkehrschaos gehört hier zum täglichen Leben, wohin mit den vielen Autos, die die Chinesen noch kaufen wollen? Was sich Peking jedoch erhalten hat und was man in Shanghai vermisst, ist seine Seele. Hier gibt es mit der Verbotenen Stadt noch ein kulturhistorisches Zentrum und rundherum finden sich über ganz Peking verteilt noch viele weitere geschichtsträchtige Stätten, von denen eine Vielzahl von der UNESCO zum Weltkulturerbe gekürt wurden. Die vielen Parkanlagen mit den dazugehörigen Seen tragen ihren Anteil zu mehr Abwechslung und Attraktivität bei.
Sehr zu empfehlen ist das Shatan-Hotel, in dem wir untergebracht waren. Es bietet einen guten Komfort zu einem günstigen Preis. Es liegt sehr zentral, zur Verbotenen Stadt läuft man in ca. 10 Minuten. Einzig das Frühstück für 79 Yuan veranlasste uns, in eine benachbarte Kneipe zu wechseln, wo man, begleitet von schöner Klaviermusik aus . dem Lautsprecher, Pfannkuchen mit Ahornsirup oder Ham & Eggs essen kann. Alley’s Cafe bietet eine ganz besondere Atmosphäre, viele Gäste aus der ganzen Welt haben sich an den Wänden verewigt. Kaufering wird dort seit gestern ebenfalls erwähnt und man erwägt, Peking als Partnergemeinde anzuwerben.
Der lieben und schmerzlich vermissten Wei sei Dank hatten wir in Peking einen Guide, der sich durch seine Herzlichkeit, sein Engagement, seine Hilfsbereitschaft, seine Großzügigkeit, seine Geduld, seinen Humor und nicht zuletzt durch seine fundierten Ortskenntnisse auszeichnete. Kurzum ein Rundumsorglospaket. Die beiden kennen sich aus ihrer gemeinsamen Studienzeit in Jena. Mit dem guten Ding ging es dann kreuz und quer durch Peking.
Am Freitag um 14 Uhr durften wir ihn dann endlich kennenlernen, unseren mit Spannung erwarteten Ding. Da erwies sich auch gleich zum ersten Mal sein Ideenreichtum. Wir liehen uns kurzerhand vom Hotel fünf Fahrräder und fuhren an der Verbotenen Stadt entlang über eine Freßmeile, wo es auch gegrillte Skorpione und Heuschrecken gab, in eine Fußgängerzone. Von dort aus ging es auf der anderen Seite der Verbotenen Stadt wieder zurück zum Hotel. Mehr der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, denn zwei unserer Räder machten schlapp, bei meinem brach der Sattel ab und bei Michis die Kurbel. Nach notdürftiger Reparatur hat der Ding sich auf meinem Rad weiterbefördert und somit die Belastung um ca. 50 % reduziert. Abends schlenderten wir eine Uferpromenade entlang, die zugleich angesagtes Kneipenviertel ist und durch zahllose Livebands das Gehör zeitweise über Gebühr strapaziert. In unmittelbarer Nähe unseres Hotels befindet sich der sehr schön angelegte JingShan-Park. Highlight dieser Anlage ist ein künstlich angelegter Berg, auf dessen Spitze eine sehr schöne Pagode thront, die über verwinkelte, von Felsen gesäumte Steintreppen zu erreichen ist. Von hier aus hat man, klare Sicht vorausgesetzt, einen wunderbaren Blick auf die ganze Stadt. Häuser und Straßen bis zum Horizont erfasst das faszinierte Auge, doch halt, da im Norden, man glaubt es kaum: Berge erinnern an die Silhouette Münchens mit den Alpen im Hintergrund. Akkustisch untermalt wird das ganze von den Sing-, Tanz- und TaiChigruppen und den Solo-Instrumentalisten, die sich über den Park verteilen. Dieser Park war immer wieder lohnendes Zwischenziel.
Am Samstag sind die Langnasen mit ihrem Ding dann in den Sommerpalast im Nordwesten der Stadt eingefallen. Dieser erstreckt sich großzügig an einem See, der zu einer Drachenbootfahrt einlädt. Friedlich auf dem See liegend, verlieren sich in der Weite die kleinen Boote im Smog. Wir beobachteten in den wunderschön erhaltenen Palastgebäuden Musikanten- und Theatergruppen, die in traditionellen Kleidern auf althergebrachten Instrumenten ihre Künste darboten oder uns beeindruckende Kampfszenen zeigten. Die farbliche und architektonische Gestaltung der Palastbauten, Pagoden und Pavillons ist wirklich wunderschön anzusehen.
Am Sonntag, einem Regentag, widmeten wir uns der verbotenen Stadt, die sich über eine Fläche von ca. 960 x 750 m (wenn ich mich recht erinnere) im Zentrum Pekings ausdehnt. Sie diente dem Kaiser und seinem Gefolge, den Konkubinen und Eunuchen als Wohnstatt, dem gemeinen Volk war der Zutritt verboten. Der unermessliche Schatz, der sich einmal darin befand, hat sich mittlerweile über die ganze Welt verteilt, an Ort und Stelle ist unter anderem noch eine bemerkenswerte Standuhrensammlung anzutreffen. Teilweise mannshohe Exemplare zeugen von der Wertschätzung, die dem Kaiser in Form solcher Geschenke von seinen Besuchern entgegengebracht wurde. Von der Funktionsfähigkeit der Uhren konnten wir uns ebenfalls überzeugen. An die Verbotene Stadt schließt der Platz des Himmlischen Friedens an, auf dem sich das Mao-Mausoleum befindet. Dieser Platz fasziniert allein durch seine Größe und an diesem Spätnachmittag auch durch die Stimmung, die durch das nasse Wetter und den noch nicht runtergewaschenen Smog in Verbindung mit den großflächigen, grellroten Werbeflächen ein diffuses Licht entstehen lässt. Man kommt sich vor wie in einer schlecht beleuchteten Waschküche. An jedem Laternenmast hängen ca. fünf Überwachungskameras, außerdem zahllose Lautsprecher und sonstige Gerätschaften. Am Abend lotste uns Ding in das berühmteste Teehaus der Stadt, dem LaoShe Teehaus. Wir traten damit in die Fußstapfen vieler berühmter Persönlichkeiten und füllten diese gut aus. Hier wird einem bei Tee und Snacks ein sehr facettenreiches, künstlerisches Unterhaltungsprogramm präsentiert, das wirklich für jeden Geschmack etwas bereithält. Einzig die chinesische Oper mit ihren schrägen, unnatürlichen, jedoch sehr wohl von Menschen stammenden Gesängen, fällt da etwas aus dem Rahmen.
Am Montag dann lachte die Sonne vom Himmel. Anlass für uns, den Yonghegong Lamatempel aufzusuchen. Erstaunlicher Höhepunkt dieser Anlage ist die 26 m hohe Lamastatue aus Sandelholz, welche zusätzlich noch 8 m in die Erde ragt. Am Nachmittag führte Ding uns in eines der führenden Pekinger Restaurants. Dieses erstreckt sich über mehrere ehemalige Wohnhöfe, quadratische Innenhöfe unter freiem Himmel, die umrahmt waren von den Wohnräumen. Heute diniert in den Innenhöfen der „gemeine“ Gast, außen herum lassen sich die obersten Zehntausend und größere Gesellschaften mit exquisiten Speisen und Getränken verwöhnen. Wir entschieden uns für drei Gerichte, von denen eines mit Chilischoten zubereitet war. Dieses kostete ich und bereute es bitterlich. Wenn man einen Husten hat, sollte man mit solchen Dingen vorsichtig sein. Ich bekam Schweiß- und Tränenausbrüche, einen Nieß- und Hustenanfall und musste kurzzeitig das Lokal verlassen. Als ich wieder zurückkam und an meinem frisch gepressten Kiwisaft saugte, stellte ich fest, daß auch diese Bestellung eine Fehlentscheidung war. Die Kiwikörner (die kleinen dunklen Biester) rieben am Zäpfchen und das ganze Prozedere wiederholte sich. …Hauptsache überlebt. Die chinesische Küche ist nichts für europäische Weichei-Langnasen.
Am Dienstag dann quälten wir uns in Ding’s Honda Accord (gutes Auto!) in Richtung Berge. Ziel war die Große Mauer, die wir nach ca. 2 Stunden Fahrzeit für ca. 80 km auch erreichten. Direkt von der Autobahn weg geht es sofort über hohe Stufen steil bergan. Heftig schwitzend quälte ich mich die Stufen hinauf. Ich hatte kein Wechsel-T-Shirt dabei, was dazu führte, das sich zu dem Husten auch noch der Schnupfen gesellte. Deshalb schreibe ich diese Zeilen unter heftigem Nießen, Schniefen und Husten. Meine Güte, was muß der arme Franz nachts unter mir gelitten haben. Verschnaufpausen waren uns vergönnt, wenn chinesische Besucher mit uns fotografiert werden wollten. Unter großem Gelächter wurden fleißig Langnasen und Schlitzaugen vermischt, fotografiert und wieder auseinander sortiert. Michael fand eine Gottesanbeterin, hob sie auf und rettete sie somit vor dem Tod durch Zertreten. Dann ging es wieder auf den Highway und zum zweiten Abschnitt unseres Mauerbesuches. Das Tal, durch das die Autobahn führt, erinnert sehr stark an das Etschtal, das man auf der Brenner-Autobahn bereist. Farb- und Gesteinsformgebung ähneln sich jedenfalls sehr. Nur auf der Autobahn geht es nicht ganz so gesittet zu. Auf chinesischen Autobahnen gibt es kein Rechtsfahrgebot, hier fährt jeder, wie und wo es ihm gerade passt. Und sind alle Spuren blockiert, weicht man halt zum Überholen auf den Standstreifen aus. Die großteils überladenen und untermotorisierten LKWs mit ihrer veralteten Technik lassen keine anderen Manöver zu. Geht es dann noch dazu bergauf, fährt man schnell mal mit 120 km/h auf einen mit 20 km/h fahrenden LKW auf. Auf dem Rückweg haben wir einen wegen Bremsversagen aus der Kontrolle geratenen, umgekippten LKW gesehen. Vorher hatten wir aber noch das Vergnügen, mit einer nach unseren Vorstellungen etwas veralteten Gondelbahn zu einem weiteren Mauerstück transportiert zu werden. Von der Bergstation hat man einen guten Blick auf viele Kilometer Mauer in sehr gutem baulichen Zustand. Leider jedoch tummelten sich auch hier unzählige Touristen. Man fragt sich beim Anblick dieses gewaltigen Bauwerks unweigerlich, was die Mongolen veranstaltet haben müssen, das die Chinesen veranlasst hat, eine solche Mauer zu bauen. Die müssen doch ordentlich Eindruck hinterlassen haben. Auf dem Rückweg haben wir uns dann noch einem Grabmal eines Kaisers der Ming-Dynastie gewidmet. Die tief in der Erde in großen Räumen gelagerten überdimensionalen roten Särge werden eingerahmt von vielen kleinen roten Kisten, in denen die Utensilien des täglichen Lebens und Gebrauchs beigegeben sind. Auf der Heimfahrt haben wir uns dann noch einer der Lieblingsbeschäftigungen des mobilen Chinesen hingegeben, dem Im-Stau-Stehen. Der Stau führte uns zu einem weiteren kulinarischen Höhepunkt. In einem HotPott-Restaurant durften wir uns unser Essen am Tisch selber kochen. In die Tischplatte sind große Löcher gebohrt, darunter befinden sich beheizbare Kochtöpfe. In diesen Kochtöpfen befinden sich das Wasser, Karotten und alles, was man für eine gute Brühe braucht. Man bestellt die Zutaten und stellt sich dann seine Suppe nach eigenem Gusto zusammen. Die fertigen Einlagen wie Fleisch, Pilze, Meeresfrüchte, Glasnudeln, etc. fischt man aus der Brühe heraus, würzt sie und genießt. Das schmeckt, macht Spaß und ist sehr gesellig.

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